Trauerphasen: Kann man Trauer strukturiert einteilen?

von | 09.06.24 | Trauer

Trauer ist ein zutiefst persönlicher und individueller Prozess. Jeder Mensch trauert anders. Die Trauerphasen wurden von Verena Kast und Elisabeth Kübler-Ross definiert. Die damit das Thema greifbarer gemacht haben.

Leider ist es nicht damit getan, die Phasen einfach zu durchlaufen. Du darfst sie eher wie eine Orientierung verstehen. Es ist also keine Checkliste, die du abarbeitest. Vielmehr ist der Prozess dynamisch und du wirst zwischen den Phasen immer wieder wechseln. Dieses Wechseln ist vollkommen normal und ist ein Teil deines Weges.

Frau in Trauer

Die Phasen der Trauer

Ich habe dir die beiden Modelle einmal zusammengefasst:

  1. Phase: Verleugnung und Nicht-Wahrhaben-Wollen

In dieser Phase fällt es dir schwer, den Verlust zu akzeptieren. Du fühlst dich vielleicht betäubt und unfähig, die Realität zu begreifen. Diese Reaktion schützt dich vor dem überwältigenden Schmerz.

  1. Phase: Aufbrechende Emotionen und Zorn

Sobald die Realität des Verlusts einsickert, brechen starke Gefühle auf. Du erlebst tiefe Traurigkeit, Wut und manchmal Schuldgefühle.

  1. Phase: Verhandeln und Suchen

In dieser Phase suchst du nach einem Weg, den Verlust zu verstehen. Du erinnerst dich intensiv an den Verstorbenen und denkst über „Was wäre, wenn“-Szenarien nach.

  1. Phase: Depression

Diese Phase ist von tiefer Traurigkeit und Verzweiflung geprägt. Der Verlust wird in seiner vollen Tragweite erkannt, und du fühlst dich oft hoffnungslos.

  1. Phase: Akzeptanz und Neuer Selbst- und Weltbezug

In der letzten Phase akzeptierst du den Verlust und beginnst, dich auf das Leben nach dem Verlust einzustellen. Die Erinnerungen bleiben wertvoll, doch der Schmerz lässt nach. Neue Lebensinhalte und Beziehungen werden möglich. Du findest langsam wieder Freude und Erfüllung im Leben.

Dein Weg ist individuell

Bei den Phasenmodellen bekommt man schnell das Gefühl, dass du Meilensteine auf deinem Weg hast, die du einfach passierst und dann weiterkommst. In der Realität wird deine Trauer nicht so strukturiert verlaufen. Denn du wirst immer wieder zwischen den Phasen hin und herspringen. Es wird Tage geben, in denen du das Gefühl hast, endlich auf dem Weg zu sein mit dem Verlust leben zu können und dann kommen wieder Tage, die dich zurückwerfen. Es gleicht also eher eine Achterbahn statt einem geraden Weg.

Annahme deiner Gefühle

Mir ist wichtig, dass du das für dich annimmst. Du darfst deinen ganz eigenen Weg finden. Dabei ist jede Emotion erlaubt. Du darfst wütend, erleichtert, traurig oder was auch immer sein. Das, was da ist, darf sein.

Wie lange deine Trauer dauern darf

Genauso wenig gibt es eine Zeitvorgabe für Trauer. Du musst nicht nach einer bestimmten Zeit wieder „funktionieren“. Viel wichtiger ist, dass du für dich wieder einen Sinn im Leben finden kannst. Es braucht die Zeit, die du dafür brauchst. Geh in deinem Tempo.

Dein Umfeld

Es wird dir helfen mit deiner Trauer nicht allein zu sein. Suche dir Menschen, die dich unterstützen können und dir zuhören. Das können deine Familie, Freunde, Trauerbegleiter*innen, eine Trauergruppe oder therapeutische Unterstützung sein. Du kannst die Menschen in deinem Umfeld auch bitten, dich bei der Suche nach Hilfe zu unterstützen. Die meisten Menschen sind froh, wenn sie etwas Konkretes für dich tun können.

Akzeptanz

Das Wort „Akzeptanz“ am Ende des Trauerprozesses kann auch beängstigend sein. Wer möchte schon gern den Verlust eines geliebten Menschen akzeptieren. Ich finde ein besseres Ziel ist, eine neue Verbindung aufzubauen und dafür neue Gewohnheiten zu etablieren, denn der Tod trennt keine Verbindungen.

Was kommt danach? Wachstum!

Am Ende deines Trauerprozesses, bist du vor allem gewachsen. Du hast dich verändert, deine Weltanschauung hat sich verändert und du bist stärker geworden.

Resilienz

Du hast gelernt mit dem Worst-Case-Szenario zu leben. Dadurch hast du Bewältigungsstrategien entwickelt, die dich auch künftig stärker machen.

Neue Perspektiven

Trauer lehrt dich, was für dich wirklich wichtig ist. Du hast dich mit deinem Sinn des Lebens auseinandergesetzt und kannst deine Ziele neu ausrichten.

Selbstfürsorge

Um Trauer zu durchleben, führt kein Weg an Selbstfürsorge vorbei. Das, was du in diesem Prozess lernen durftest, kannst du mit in deinen Alltag nehmen.

Rituale und Erinnerungen

Du hast neue Rituale gefunden, die eine neue Verbindung aufgebaut haben. Sie können dir jederzeit als Anker dienen.

Abschiede sind Teil des Lebens

Trauer ist ein natürlicher und notwendiger Prozess. Sie muss durchlebt werden. Du kannst sie nicht verdrängen, denn sie wird immer wieder wie ein Boomerang zurückkommen.

Indem du Trauer als Teil deines Lebens akzeptierst, schaffst du Raum für eine neue Verbindung, an der du schlussendlich wachsen wirst. Ich bin mir sicher, dass du das schaffen kannst.

Ich hoffe, dass dir dieser Artikel den Druck genommen hat, schnellstmöglich wieder funktionieren zu müssen und es dein ganz individueller Weg sein darf.

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